Unverpacktläden

Von Simone Binder

Ich freue mich, dass es mittlerweile so viele Unverpacktläden in Deutschland gibt und die Nachfrage nach dieser Art von Konsum immer größer wird. Ich bin selbst Stammkundin in meinem lokalen Unverpacktladen und unterstütze alle, die Unverpacktläden eröffnen wollen. Unverpacktläden sind ein guter Anfang, um Verpackungsmüll zu sparen. Mehr allerdings auch nicht. Ich bezweifle, dass sich Unverpacktläden flächendeckend durchsetzen werden. Warum, erkläre ich im Folgenden:

 

Behälter

Solange Kund:innen eigene Behälter mitbringen müssen, sind spontane Einkäufe kaum möglich. Außerdem möchten viele Menschen nach der Arbeit noch einkaufen gehen. Das Mitschleppen der Gefäße zur Arbeit ist aber etwas umständlich. Aus eigener Erfahrung weiß ich zudem, dass nicht jeder Behälter für jedes Produkt sinnvoll ist. Ich empfehle für alle Unverpackt-Einsteiger folgende Gefäße: möglichst leicht, möglichst große Öffnung, nicht zu hoch (sonst passen sie u. U. nicht unter die Abfüllregale), gut verschließbar, wasserfest (falls es regnet oder ihr noch Obst und Gemüse mitkauft). Achtet außerdem darauf, dass die Gefäße sehr sauber sind, bevor ihr Lebensmittel darin abfüllt.

Zeitfaktor

Das Abfüllen der Lebensmittel nimmt wesentlich mehr Zeit in Anspruch als das Einkaufen im normalen Supermarkt mit abgepackten Produkten. Nicht jede:r hat diese Zeit und es kann von niemandem erwartet werden, diese Extrazeit aufzuwenden.

Kostenfaktor

Viele Unverpacktläden verkaufen nicht nur unverpackte Ware, sondern auch - soweit wie möglich - regionale, saisonale Bioprodukte und Fairtrade-Produkte. Diese Bemühungen sind sehr lobenswert, da sie einen ganzheitlichen nachhaltigen Ansatz verfolgen. Leider sind die Preise dadurch entsprechend hoch und nicht für die gesamte Bevölkerung erschwinglich. Aus meinem Umfeld kenne ich viele Menschen, die sehr gerne im Unverpacktladen einkaufen würden, aber sich die hohen Preise nicht leisten können.

Hygienebedenken

Mir ist bewusst, dass Unverpacktläden  hinsichtlich der Hygienestandards für den Lebensmitteleinzelhandel immer wieder gründlich kontrolliert werden. Wenn die Ware ausschließlich in sogenannten gravity bins angeboten wird, die oben verschlossen sind und nur unten mit einem Hebel geöffnet werden, habe ich auch keine hygienischen Bedenken. Wenn allerdings Behälter mit Lebensmitteln von oben geöffnet werden und Kund:innen von oben hineingreifen müssen, um die Ware zu entnehmen, habe ich große hygienische Bedenken. Hier unterscheide ich zwischen Lebensmitteln, die verzehrfertig gekauft werden (z. B. Nüsse, Kekse oder Schokolade) und Lebensmitteln, die vor dem Verzehr erhitzt werden (z. B. Tee, Nudeln, etc.). Falls die Ware von oben entnommen werden muss, bevorzuge ich ganz klar Lebensmittel, die durch Abkochen hygienischer werden.

Kreuzkontamination

Durch das Abfüllen der Lebensmittel kann nicht verhindert werden, dass Spuren von verschiedenen Lebensmitteln im Unverpacktladen vermischt werden. Wer bereits auf bestimmte Spuren allergisch reagiert, sollte deshalb Unverpacktläden besser meiden und aus gesundheitlichen Gründen auf verpackte Ware mit Allergiehinweisen zurückgreifen. Bitte fühlt euch nicht schuldig, wenn ihr auf verpackte Ware angewiesen seid und lasst euch keine Vorwürfe machen! (Mehr zum Thema "Ökoschuld" unter Zero Waste und Gesundheit)

 

Fazit

Aus den oben genannten Punkten ergibt sich die Frage, ob Unverpacktläden nicht zu exklusiv sind, d. h. ob sie Menschen ausschließen, die aus finanziellen oder medizinischen Gründen nicht dort einkaufen können. Andererseits gibt es wahrscheinlich genügend Menschen, die in Unverpacktläden bedenkenlos einkaufen können und diese Form des Einzelhandels auch unterstützen sollten. Auch traditionelle Supermärkte könnten ihr Angebot an unverpackten Produkten und die Möglichkeit von Pfandbehältern für die Frischetheke weiter ausbauen.

 

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